Wie Mehl entsteht: Der Mahlvorgang

Aus Inquibidt-Wiki
Version vom 23. Januar 2013, 18:35 Uhr von Fruhanna (Diskussion | Beiträge)

(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche


Anlieferung:


Getreideanlieferung
Ablieferung des Getreides über die Gosse


Die Getreidekörner werden vom Landwirt zur Mühle gebracht. Auf einer großen Waage, vor dem Mühlenlabor, wird das angelieferte Getreide samt Traktor und Anhänger auf der Brückenwaage gewogen. Nach der Ablieferung wird der Traktor mit dem leeren Anhänger erneut gewogen. Aus der Differenz ergibt sich dann das Gewicht der Getreideanlieferung. Doch vor der Abnahme des Getreides erfolgt im Mühlenlabor zunächst eine Qualitätskontrolle.










Kontrolle:


Zur Qualitätskontrolle entnimmt der Müller der Getreideanlieferung ein sogenanntes Durchschnittsmuster. Dabei handelt es sich um eine kleine Probe, die im Labor beispielsweise auf den Feuchtigkeitsgehalt, den Proteingehalt, Verunreinigungen und möglichen Krankheitsbefall überprüft wird.

Mühlenlabor: Siebmaschine zur Prüfung des Getreides auf Verunreinigungen
Mühlenlabor: Maschine zur Prüfung des Feuchtigkeitsgehaltes
Mühlenlabor: Maschine zur Prüfung des Enzymgehalts im Getreide
Weiss






















  • Feuchtigkeitsgehalt: Die Messung des Feuchtigkeitsgehaltes erfolgt, um zu überprüfen, ob das Getreide überhaupt lagerfähig ist. Getreide kann nur bis zu einem Feuchtigkeitsgehalt von 15,5 % gelagert werden, ansonsten verdirbt das Getreide bei der Lagerung im Silo. Liegt der Feuchtigkeitsgehalt einer Getreidelieferung über den 15,5 %, wird das Getreide dennoch angenommen und vor der Lagerung mit Hilfe von warmer Luft getrocknet.

  • Proteingehalt: Der Eiweißgehalt der Getreidekörner ist wichtig für die Backeigenschaften des Mehls. Um den Bäckern Mehl mit guten Backeigenschaften liefern zu können, sollte der Proteingehalt durchschnittlich zwischen 13 und 13,5 % liegen.

  • Enzymaktivität: Die Enzymaktivität wird mittels Fallzahl ermittelt. Ist die Enzymaktivität zu hoch oder auch zu niedrig, wird die Backeigenschaft des Mehls negativ beeinflusst.

  • Verunreinigungen: Über eine Laborsiebmaschine wird das angelieferte Getreide auf dessen Kleinkorngehalt und Verunreinigungen überprüft.


Warum wird eine Wareneingangskontrolle durchgeführt?
Durch die Wareneingangskontrolle wird zum einen der Preis bestimmt, den der Landwirt für sein Korn erhält, zum anderen spielt die Kontrolle der Ware eine wichtige Rolle für die Qualität und Backeigenschaften des Mehls. Nur wenn Enzymaktivität und Proteingehalt des angelieferten Getreides im Rahmen der Richtwerte liegen, kann der Müller für die Bäcker über das Jahr hinweg Mehl von gleichbleibender Qualität und damit auch mit konstanten Backeigenschaften produzieren.

Ist das Getreide qualitativ in Ordnung, wird es vom Müller angenommen und der Landwirt kann das Getreide über die Gosse an den Müller übergeben. Vor der Lagerung muss das Getreide jedoch zunächst gereinigt werden.




Reinigung:


Der Steinausleser reinigt das Getreide von größeren und kleineren Steinchen
Mit Hilfe eines Magnetes wird das Getreide von allerhand metallischen Gegenständen gereinigt

Die Reinigung des Getreides von Fremdbestandteilen erfolgt in sieben Schritten:

  1. Siebreinigung: Hier werden die Körner unterschiedlicher Größe voneinander getrennt. Dabei kommen verschiedene Siebstärken zum Einsatz. Körner, die zu klein oder gebrochen sind, werden hier aussortiert. Auch Samenbestandteile anderer Pflanzen oder Verunreinigungen anderer Art (z.B. Sand) werden hier ausgesiebt.

  2. Reinigung durch Luftströme: Halmreste, Spelz und Staub werden vom Getreide durch Luftströme getrennt. Da diese leichter sind als das Korn, fliegt es nach oben weg und kann aussortiert werden.

  3. Steinausleser: Da größere Steinchen und Erdklumpen durch die Siebreinigung möglicherweise noch nicht aussortiert werden konnten, kommt ein Steinausleser zum Einsatz. Physikalische Gesetze ermöglichen das Aussortieren schwerer und leichter Steine.

  4. Magnetische Reinigung: Mit Hilfe eines Magnetes wird das Getreide von möglichen metallischen Gegenständen gereinigt.

  5. Schälmaschine: Die Getreidekörner werden von den äußeren Häutchen befreit. Ein Getreidekorn hat insgesamt sieben Häutchen. Mittels Schälmaschine werden die ersten beiden Häutchen entfernt. Über eine erneute Luftreinigung werden die äußeren Schalenschichten dann von den Getreidekörnern getrennt.

  6. Leichtkornausleser: Auslese von bisher übriggebliebenen leichten Teilchen, wie beispielsweise kranke Körner.

  7. Farbkornausleser: Hier werden dunkle Körner, wie z.B. das Mutterkorn, ausgelesen. Beim Mutterkorn handelt es sich um einen Pilz, der Getreidesorten wie Roggen und Weizen befällt. Der Pilz ist für Mensch und Tier hochgiftig.




Trocknung und Lagerung:


Lagerung des Korns: Durch die silbernen Rohre wird bei Bedarf die Temperatur reguliert.

Wurde bei der Qualitätskontrolle ein zu hoher Feuchtigkeitsgehalt gemessen (also über 15,5 %), so muss das Mehl vor der Lagerung zunächst getrocknet werden, um die Lagerfähigkeit zu verbessern und die Ausbreitung von Schimmelpilzen zu vermeiden.
Ist der Feuchtigkeitsgehalt in Ordnung, wird das Getreide in großen Boxen getrennt nach Getreideart und Proteingehalt gelagert.

Bei der Lagerung muss außerdem die Temperatur überprüft werden. Bei optimalen Bedingungen (unter 12° C) kann Getreide zwischen 3 und 5 Jahren gelagert werden. Über eine Belüftungsanlage wird die Getreidetemperatur gegebenenfalls heruntergekühlt, da das Getreide bei einem zu hohen Wärme- und Feuchtigkeitsgehalt schnell verderben kann.

Doch warum wird das Getreide überhaupt gelagert und nicht unmittelbar nach der Ernte weiterverarbeitet?
Die Lösung ist ganz einfach: Mehl kann nicht gut gelagert werden, zu groß ist die Gefahr von Schädlingsbefall, wie beispielsweise Motten. Getreidekörner können in großen Silos dagegen bis zu fünf Jahren gelagert werden. In den Silos wird das Getreide nach Proteingehalt getrennt trocken, kühl und belüftet gelagert.


In einer Mühle wird also nicht nur nach der Erntezeit im Juli bzw. August Getreide verarbeitet, sondern über das ganze Jahr hinweg.



Netzen und Abstehen:


Das Getreide ist nun gereinigt. Doch bevor der eigentliche Mahlvorgang beginnen kann, muss das Getreide zunächst mit Wasserdampf befeuchtet werden. Diesen Vorgang nennt man Netzen. Dies ist notwendig, um die trockene und spröde Schale des Korns elastisch zu machen, denn ansonsten zerbricht die Schale während des Mahlvorgangs in viele kleine Teile. Diese kleinen Teile könnten durch das Mehlsieb nicht mehr vom weißen Mehl getrennt werden, wodurch nur noch dunkle Mehle produziert werden könnten. Deshalb soll die Schale während des Mahlvorgangs möglichst an einem Stück bleiben, um Schale und Mehlkörper besser voneinander trennen zu können. Damit sich die Feuchtigkeit gleichmäßig im Getreide verteilt, müssen die benetzten Körner nun zwischen acht und 20 Stunden abstehen. Erst wenn die Feuchtigkeit optimal verteilt ist, beginnt der eigentliche Mahlvorgang.



Mahlvorgang:


Was passiert denn nun eigentlich mit dem vielen Getreide?

Walzenstühle der Störrmühle


Ziel des Mahlvorgangs ist es, die Schale so schonend wie möglich vom Mehlkörper zu trennen. Hierfür durchläuft das Korn verschiedene Walzenstühle, so nennt man die Mahlmaschinen in einer Mühle. In den Walzenstühlen sorgen Stahlwalzen für eine schonende Zerkleinerung des Getreides.






Erster Walzenstuhl


Zunächst muss die Schale der Körner mit Hilfe des ersten Walzenstuhls, auch Vorbrechstuhl oder erster Schrot genannt, aufgebrochen werden. Hier zerfällt das Weizenkorn in verschiedene Teile: zum einen in Schalenteile, an denen noch Teile des Mehlkörpers anhaften und zum anderen der reine Mehlkörper. Der reine Mehlkörper zerfällt dabei in unterschiedlich große Teilchen. Je nach Größe spricht man hier von Grieß, Dunst oder Mehl.






Plansichter


Über eine Siebmaschine, dem Plansichter, werden die unterschiedlich großen Teilchen voneinander getrennt. Die rüttelnde Siebmaschine trennt über verschieden feine, übereinanderliegende Siebe die angefallenen Teile (Schrot, Grieß, Dunst und Mehl) der Größe nach voneinander.

  • Die groben Schalenteile mit anhaftenden Teilen des Mehlkörpers (Schrot) gelangen in den zweiten Walzenstuhl (auch zweiter Schrot genannt) und durchlaufen dort einen weiteren Mahlvorgang.

  • Der Grieß und Dunst, der nach dem ersten Mahlvorgang entstanden ist, gehen nicht durch weitere Schrote, sondern werden mit glatten Mahlwalzen zu feinem Mehl vermahlen.

  • Das Mehl hingegen, das während des ersten Mahlvorgangs entsteht, ist sehr hell und wird sofort im Mehlsilo zwischengelagert. Zu keinem anderen Zeitpunkt während des Mahlvorgangs kann helleres Mehl gewonnen werden als hier, denn die Schale des Getreidekorns ist hier noch am wenigsten zerkleinert und kann damit nicht durch das Mehlsieb hindurch gelangen.








Weiterer Mahldurchgang


Die Mahlvorgänge werden immer wieder wiederholt bis zum fünften Schrot. Je öfter die Mahlung durchgeführt wird, desto mehr Schale wird zerkleinert und gelangt durch das Mehlsieb zum Mehl, das Mehl wird daher immer dunkler. Nach dem fünften Schrot haftet schließlich nahezu kein Mehl mehr an der Schale. Übrig bleibt dann nur noch die sogenannte Kleie.








Mehle

Durch die verschiedenen Schrote und Mahlungen enstehen insgesamt 16 verschiedene Mehle, aus denen der Müller die unterschiedlichen Mehltypen zusammenmischt. Das Mehl des ersten bis dritten Schrots wird beispielsweise zur Type 550 zusammengemischt. Alle anderen Schrote werden zum sogenannten Nachmehl (auch Mehl Zwei genannt) zusammengemischt. Dieses Nachmehl ist aufgrund der vielen kleinen Schalenteile sehr dunkel und hat eine Type größer als 2000.

Die Weizenmehltypen 812 und 1050 hingegen werden nicht direkt gemahlen, sondern werden aus dem Mehl der Type 550 und dem Nachmehl gemischt. Das Nachmehl, das nicht weiter gebraucht wird, gelangt in die Futtermittelindustrie und wird in Tierfutter untergemischt.

Die Weizenmehltype 405 wird in der Störrmühle nicht produziert. Hierfür müssten die Mahlwerke der Mühle extra umgestellt werden. Da Bäckereien nur Mehl die Type 550 aus der Störrmühle beziehen, lohnt sich dieser Aufwand nicht.

Die verschiedenen Mehle werden nach einer erneuten Qualitätskontrolle in großen Mehlsilos zwischengelagert.




Lagerung und Abfüllung der fertigen Produkte:


Mehlsilos der Störrmühle


In den rießigen Silos werden die frisch produzierten Mehle der Störrmühle zwischengelagert.














Befüllung eines LKWs


Von dort aus werden die Mehle entweder mittels LKW lose direkt zu den Silos der Bäcker transportiert. Der Tank des LKWs ist dabei in verschiedene Kammern untergliedert, sodass mehrere Mehltypen gleichzeitig ausgeliefert werden können.




Befüllung des Mehls in 25kg-Säcke




Für Backstuben ohne große Silos wird das Mehl von Hand in 25kg-Säcke verpackt.















Befüllung des Mehls in Kleinverpackungen für den Privathaushalt


Für den Hausgebrauch wird das Mehl außerdem in Kleinpackungen abgepackt.










Und du?

  • Hast du auch schon einmal eine Mühle besichtigt und dem Müller beim mahlen des Korns zugeschaut?
  • Hast du in deiner Nähe eine Mühle? Erkundige dich doch mal und besuche sie zum Beispiel mit deiner Klasse.




Quiz: Hier kannst du dein Wissen zum Mahlvorgang überprüfen!






Zurück zur Übersicht über die Störrmühle

Zurück zum Lern- und Erlebnispfad Mühle

Zurück zur Bildungsroute Vom Korn zum Brot